[KZwiebelfisch] Freiheit für die Vokabeln! Weg mit dem Kontext!

Stephan Johach lucardus at onlinehome.de
Sat Oct 1 14:02:36 CEST 2005


Eine leider sehr oft angewandte Methode eine Übersetzung für ein Wort zu 
benutzen, besteht darin, die erste von leo aufgeführte Übersetzung zu 
verwenden.

Die zweite, ebenfalls häufig praktizierte Methode besteht darin, eine bereits 
bestehende Übersetzung irgendwo in KDE erneut zu verwenden.

Der Nachteil beider Methoden ist, dass hier sehr häufig nicht auf den Kontext
geachtet wird. Und noch weniger auf die allgemeine Verständlichkeit. Hat
ein englisches Wort mehrere Entsprechungen im Deutschen, sind diese
nicht automatisch gleichbedeutend zu verwenden.

Ein Beispiel:

Der englische Begriff "Request".

Dieser Begriff lässt sich u. a. mit Anforderung übersetzen. Das passt auch
in vielen Kontexten, allerdings nur selten bei Kommunikationsprotokollen.

Ein Beispiel:

"The application sent an invalid request."

"Ungültige Programm-Anforderung."

Abgesehen davon, dass die stark verkürzte Übersetzung hier sehr
verschleiernd und außerdem sinnentstellend ist, sollte das englische "request" 
hier besser mit "Anfrage" übersetzt werden.

Bei vielen Internet-Protokollen stellt eine Seite eine Anfrage, die dann
von der Gegenseite beantwortet oder abgelehnt wird.

Würde die eine Seite hingegen eine "Anforderung" stellen, könnte man
drauf kommen, dass sie der Gegenseite Vorschriften machen möchte.

In diesem Kontext wäre also die bessere Übersetzung:

"Die Anwendung hat eine ungültige Anfrage gestellt."

Was bedeutet, dass der Empfänger nicht kapiert hat, was der andere
will, weil der sich nicht an das vereinbarte Protokoll hält oder ein 
moderneres Protokoll verwendet, das die Gegenseite noch nicht kennt. 
Die obige Übersetzung lässt den unbedarften Anwender allerdings
eher darauf schließen, dass hier ein Programm angefordert wurde.
Was soll das heißen? Wer das auf Anhieb erklären kann, sollte sich
mal im Bekanntenkreis umhören, was andere darunter verstehen. Es
wird sicherlich eine Reihe von Interpretationen zusammenkommen.

Es mag sein, dass die Version mit "Anfrage" auch nur den versierteren
Leuten etwas sagt. Aber im Kontext mit einem gescheiterten E-Mail-Versand 
per SMTP-Protokoll ergibt dies deutlich mehr Sinn.

Ein weiteres Beispiel:

"The Jabber user %1 wants to add you to their contact list; do you want to 
authorize them? Selecting Cancel will ignore the request."

Übersetzt wie folgt:

"Der Jabber-Benutzer %1 möchte Sie zu seiner Kontaktliste hinzufügen. Geben 
Sie ihm dazu die Erlaubnis? Die Auswahl von Abbrechen ignoriert die 
Anforderung."

Der Jabber-Benutzer möchte etwas. Er stellt keine Forderung, sondern fragt,
ob er etwas darf. Wir können das ablehnen. Also wäre hier richtiger:

"Der Jabber-Benutzer %1 möchte Sie zu seiner Kontaktliste hinzufügen. Geben 
Sie ihm dazu die Erlaubnis? Die Auswahl von Abbrechen ignoriert die Anfrage."

Das ergibt doch mehr Sinn, oder?

Also bitte beim Übersetzen immer den Kontext im Auge behalten.
Blindes Übernehmen vorhandener Übersetzungen oder des
erstbesten LEO-Vorschlags bringt häufig nur Unverständnis bei den
Anwendern zum Vorschein. Manchmal sind es Feinheiten, die über die
Verständlichkeit einer Übersetzung entscheiden. Wer unsicher ist, sollte
lieber in der Liste fragen, was andere davon halten, als sich einfach mit
der erstbesten Lösung zu begnügen.

Es gibt übrigens eine Reihe von Stellen, an denen ich auch nicht weiß,
ob hier Anfrage oder Anforderung besser wäre.

Der KZwiebelfisch


-- 
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