[kde-de] Desktop-Paradigmen

Kai Krakow hurikhan77 at gmail.com
Mo Jul 11 20:08:26 UTC 2016


Am Sun, 10 Jul 2016 16:43:08 +0200
schrieb Thomas Michalka <Thomas.Michalka at gmx.de>:

> Hi,
> 
> Am 09.07.2016 um 03:49 schrieb Kai Krakow:
> > Am Sat, 9 Jul 2016 00:26:19 +0200
> > schrieb Thomas Michalka <Thomas.Michalka at gmx.de>:
> >  
> >> Am 07.07.2016 um 03:16 schrieb Kai Krakow:  
>  [...]  
>  [...]  
> >>   [...]
> >>
> >> [...]  
> >
> > Leider gibt es aber viele, die alles neue hassen - ist wohl so ein
> > menschliches Grundprinzip. Wenn es nach denen ginge, hätten wir noch
> > Windows 95 Optik überall...  
> 
> Die Optik ist für mich nur wichtig, wenn sie Einfluss auf die
> Ergonomie hat. Ich entscheide so gut wie immer erst nach der
> funktionellen Bedienbarkeit, bzw. nach der Frage "Welches Feature
> bringt mir eine Verbesserung?".

Die Optik ist das, was die Zielgruppe interessiert, zu der
Linux-Desktops gerne vordringen möchte. Schlechte Optik mit überfüllten
Interfaces sieht kompliziert aus und schreckt ab. Die Dinge müssen
schlicht und hübsch werden - aber, aus Gründen die du nennst, dürfen
Power-User gleichzeitig nicht eingeschränkt werden. Ich glaube, UI und
UX Design ist eines der schwierigsten Themen überhaupt - und auch
komplett gar nicht für Programmierer geeignet. Die sollen programmieren
- das können sie gut und zeigen sie auch mit KDE/Plasma. Die
Power-Features dürfen nicht aufdringlich sein und müssen gleichzeitig
leicht entdeckbar sein.

Ich würde mir nie zutrauen, eine UI oder UX zu designen - ich merke
nur: Das eine gefällt mir, das andere nicht. Eins ist umständlich, das
andere nicht. Und Hand aufs Herz: KDE hatte und hat noch viele Ecken
und Kanten, die einen behindern oder immer wieder stolpern lassen. Ich
liebe die Linux-Kommandozeile, aber ich bin Linux-User seit Mitte der
90er. Die Kommandozeile bringst du heute keinem Publikum mehr näher,
außer sie sind Entwickler.

Ich kann Backends programmieren, habe die Fähigkeiten, die Dinge im
Hintergrund zu verstehen. Aber mit Frontends tue ich mich wirklich
schwer. Das merke ich immer wieder in der Web-Entwicklung.

Im Support-Bereich (eines meiner weiteren, beruflichen Felder) fällt
mir dagegen immer wieder auf, wie hochgradig wichtig es ist, dass die
UI aufgeräumt und übersichtlich ist. Das ist selbst für mich als
Power-User wichtig, um schnell und konzentriert zu arbeiten. Ich will
nicht ständig an allen möglichen Mikroeinstellungen fummeln - die
stellt man einmal ein und das wars. Vernünftige Defaults müssen einfach
her. Außerdem ist wichtig, dass die UX sauber läuft. Hakeliges
Verhalten hier und da darf einfach nicht sein. Die Systeme müssen nach
dem Principle of Least Surprise gestaltet werden - und zwar ganz
wichtig: Nicht die kleinste Überraschung für die Power-User, die das
seit x Jahren nutzen, sondern für die restlichen 99% der Menschheit.

Ich habe bei mir auf dem Desktop alles mögliche beseitigt, was mich
stört: Fenster haben keine 100 Knöpfe in der Titelleiste, sondern genau
zwei: Einen zum Schließen, einen zum vertikalen Maximieren (die meisten
Inhalte skalieren eh nicht horizontal, da entstehen nur Leerräume).
Doppelklick minimiert (logisch: nutze ich sehr häufig, ist die größte
erreichbare Fläche, das zum Maximieren zu nutzen halte ich für
Blödsinn), ein Fenster maximiere ich komplett, indem ich es an den
oberen Rand ziehe. Und ich bin so glücklich, dass man das in KDE alles
einstellen kann. Das ganze geht natürlich auch mit Win+Pfeiltaste. Da
ist Windows ein gutes Vorbild. Virtuelle Desktops muss man damit nicht
wechseln (ich glaube, das ist die Default-Belegung dafür, oder?), da das
Raster dafür ja eher abstrakt ist und keinen sinnvollen Zweck erfüllt.
KDE hat hier neuerdings einen Bug: Oft benötige ich einen
Dreifachklick, um Fenster zu minimieren.

Als intensiver Tastaturnutzer nutze ich natürlich gern Alt+Tab und
Strg+Tab. Leider hakt hier KDE seit Plasma mehr als oft: Das Fenster
wird oft nicht gewechselt, sondern das gleiche bleibt aktiv. Danach ist
die Reihenfolge irgendwie durcheinander (ich nutze den Stack-Modus zum
Wechseln, Reihenfolge = wann zuletzt fokussiert). Das ist gerade beim
intensiven Arbeiten mit mehreren Fenster, Konsolen, Logs und Editoren
manchmal echt nervtötend, weil es einen sofort aus dem roten Faden
zieht.

> > [...] MacOS ist davon nie abgewichen und hat eine
> > Suchfunktion und ein Dock implementiert, Microsoft hat uns den
> > schizophrenen Startknopf mit Verschachtel-Menü präsentiert - ohne
> > Suche,  
> 
> Ich finde den praktisch, weil ich mich in Kürze auch in neuen Menüs
> und mit den Verschachtelungen zurechtfinde -- mein Hirn tickt halt
> so. Daran sieht man, wie unterschiedlich die Menschen sind.

Naja, das ist ja auch gut so und zeigt, warum es sinnvoll ist, dass man
bei Plasma Widgets auf den Leisten jetzt per Rechtsklick ganz leicht
gegen funktional ähnliche austauschen kann. Ich fand die Idee total
genial.

> Deswegewn
> ist es gut, wenn man Desktops möglichst vielseitig (Breite) und
> detailiert (Tiefe) konfigurieren kann.

ACK. Aber bitte nicht alles direkt in die Präsentation packen. Ich
finde z.B. die Plasma-Konfigurierbarkeit gut, aber umständlich
umgesetzt. Möchte ich z.B. Widgets auf eine Leiste ziehen, klicke ich
mich dahin, bis der Widget-Browser neben der Leiste erscheint - und
zwar genau neben dieser. Hast du mal versucht, Widgets dann direkt von
der Leiste oder aus dem Browser auf eine andere Leiste zu ziehen? Das
ist total hakelig - das funktioniert nicht frustfrei. Ein zentraler
Dialog als Browser, von dem ich es beliebig auf eine Leiste ziehen
kann, wäre bestimmt frustfreier gewesen - und auch nicht hässlicher und
weniger eingängig. Ich fluche deshalb jedes Mal, wenn ein
Plasma-Upgrade meine Leisten-Konfiguration zerschießt und nicht richtig
konvertiert. Ist zum Glück die letzten Male gut gegangen.

> 
> > [...]
> > Inzwischen muss man aber zugeben, dass eigentlich alle präsentierten
> > Funktionen auch funktionieren. KDE hat da inzwischen einen sehr
> > guten Stand erreicht und einen mehr als steinigen Weg hinter sich.  
> 
> Ja gut, aber mein "Stilllegen-Knopf" ist halt, dass ich eine neue 
> KDE-Hauptnummer erst benutze, wenn nicht mehr so viel unausgegoren
> ist. Bei KDE4 fand ich es schrecklich, dass ich erst ab v4.11
> halbwegs zufrieden sein konnte.

Und viel schrecklicher, dass mit 4.11 nichts wirklich neues dazu kam
und alles über den Haufen geworfen wurde für die Vorbereitung auf
KF5/Plasma. Wobei das bitter nötig war, da die 4er ja eher das Ergebnis
einer unkontrollierbar gewordenen Feature-Wucherung geworden ist.
Manchmal muss man mit dem erworbenen Wissen eben alles über den Haufen
werfen und nochmals sauber von vorn beginnen. KDE hat jetzt, denke ich,
einen guten, modernen Unterbau. Wayland wird irgendwann vermutlich
ähnliches erreichen, wenn man es dann rückblickend mit Xorg vergleicht.

> > Ich bin nicht unbedingt ein Freund von mehreren Desktops. Ich finde
> > die Idee zwar gut (auch die der Aktivitäten), aber irgendwo fehlt
> > der Umsetzung noch der richtige Schliff,  
> 
> Da muss ich Dir recht geben, denn ich vermisse immer noch ein 
> ausgefeiltes Session-Management, mit dem ich auch einzelne Desktops 
> wiederherstellen kann. Ich kann die Fenster auf einer Arbeitsfläche
> oft nicht schließen, weil ich weiß, dass ich sie in ein paar Tagen
> wieder brauche.

Das ist eine interessante Idee. Das macht durchaus Sinn, das in einen
Session-Manager des DE zu verlagern und somit auch beim Start eines
Programms statt nur beim Start des DE verfügbar zu machen. Ich denke,
die Aktivitäten unterstützen soetwas in die Richtung schon. Ich meine
jedenfalls, mich erinnern zu können, dass beim Stoppen einer Aktivität
die Fenster verschwanden, und beim Starten dann so wiederkamen. Aber
ich glaube, einige Programme liefen dann einfach nur als unerreichbare
und unsichtbare Fenster weiter. Programme und Fenster sollten eh nicht
das gleiche sein - ein Programm sollte ohne Fenster laufen können und
ich sollte dort Fenster wieder öffnen können. MacOS setzt das so um,
mir gefällt der Ansatz, macht aus vielerlei Hinsicht auch Sinn. Vor
allem auch dann, wenn man Fenster zu Sitzungen gruppieren möchte.

> Außerdem müssten Programme wie Firefox und LibreOffice mit eigener 
> Fensterwiederherstellung endlich mal besser in das SM integriert
> werden. Aber das hapert wohl auch an diesen Programmen.

Jeder kocht hier sein eigenes Süppchen, das wird mit der Integration in
naher Zukunft nichts werden, weil Linux-Desktops einfach in allen
Formen, Farben und Variationen kommen. Das ist einerseits gut
(Monokulturen sind ja nie was gutes), andererseits muss sich ein
Entwickler entscheiden: Qt oder Gtk? KDE oder Gnome? Man kann entweder
eine Sache besonders gut oder vieles ein bisschen.

> > denn ich bemerke immer wieder, wie
> > ich das sehr schnell nicht mehr nutze, wenn ich wirklich damit
> > arbeite.  
> 
> Also gut, das man sich auch mit einer Arbeitsfläche zufreiden geben
> kann :-)

Naja, außer man hat so Ideen, wie einzelne virtuelle Desktops als
Sitzung zu speichern und wiederherzustellen. ;-) Aber ich glaube, diese
Lücke sollen Aktivitäten füllen.

> > Da landen alle Fenster ganz schnell doch wieder auf dem gleichen,
> > virtuellen Desktop - und die Aktivitäten sind leider etwas
> > vergesslich und ordnen ihre Fenster auch nur widerwillig oder
> > umständlich der Aktivität zu. Dabei mag ich bei letzteren, dass man
> > auch Energie-Einstellungen etc zuordnen kann.  
> 
> Praktisch vor allem für Notebooks in wechselnden Einsatzszenarien.

Oder für Spiele, HTPC-Modus, Musik-Modus, Entwicklung, oder einfach nur
sinnloses Surfen. Leider spackt aktuell der Kernel wieder mit meiner
Onboard-Netzwerkkarte (RTL8xirgendwas): Die ist nach einem Sleep
einfach mal tot, nach einem weiteren Reset dann nicht mal mehr auf dem
PCI-Bus zu sehen. Dann hilft nur noch Strom ganz trennen. Immerhin
funzt nun das Aufwachen auch mit NVIDIA, seitdem ich eine
EFI-GOP-Firmware auf die Karte gespielt und im EFI Ultrafast-Boot
aktiviert habe. Ich hoffe, da kommt noch was. Die offenen Intel-Treiber
zeigen ja, wie es gut funktionieren kann, doch leider ist mir die
Intel-Grafik zu schwach.

> > Warum man Ordner und Dateien
> > einer Aktivität zuordnen kann, ist mir allerdings noch schleierhaft.
> > Hier fehlt es irgendwie an einem Konzept, wo man hin will, und dann
> > an der Konsequenten Umsetzung dieser Dinge. Da ist m.E. viel
> > Potential nach oben - virtuelle Desktops werden damit hinfällig.  
> 
> Für mich nicht ganz hinfällig, aber ich glaube, wir sehen die Sache
> mit den Aktivitäten ähnlich. Auch ich meine, dass man das
> Aktivitäten-Design deutlich breiter anlegen und im Detail verfeinern
> kann. Allerdings müssten die Entwickler dazu wissen, was die Wünsche
> der Nutzer sind. Aber als wesentliche Konzeptänderung und
> Voraussetzung wäre dazu der Wechsel eines Paradigmas nötig: weg von
> der Programmzentrierung und hin zur datenzentrierten Bedienung.
> Ansätze sieht man: Suche in Alt+F2 u.s.w.

Interessant ist hier, wie man immer wieder versucht, von der
Programmzentrierung zur Daten- bzw. Objektzentrierung zu gehen. Das
klingt zwar sinnvoll, scheint aber nie zu funktionieren und wiederholt
sich immer wieder. Windows 95 hatte diese Idee damals auch, hat nie
richtig funktioniert. Nun hat Microsoft Apps eingeführt. KDE sollte mit
dem semantischen Desktop auch diesen Weg eingehen: Hat nicht
funktioniert. OS/2 hat sich damals sogar "objektorientierter Desktop"
auf die Fahnen geschrieben: Hat sich nie durchgesetzt, war zu
umständlich.

Wo landen wir am Ende? Bei einem Hybrid-Modell: Smartphones haben sich
mit ihren Apps enorm schnell verbreitet. Fullscreen-Launcher tauchen
immer wieder überall auf (Windows 8, auch wenn die es dort übertrieben
haben, MacOS hat auch irgendsowas, Mission Control glaube ich, in KDE
nutze ich selbst gern einen Fullscreen-Launcher). Und alles, was man
damit nicht direkt erreicht, muss die Suche als Lücke füllen (die findet
dann Apps, ist aber vor allem datenzentriert). Und die muss dann aber
auch wirklich gut und schnell funktionieren.

> Bevor man aber Anwendungsstarter mit den Programmen abschafft (sollte 
> man vielleicht nie ganz, schließlich sind die Nutzer extrem
> verschieden gestrickt), muss man sich dazu mehr auf die Darstellung
> und den Austausch von Daten zwischen Benutzern und Systemen
> konzentrieren.

Das darf auch nicht abgeschafft werden - wie gesagt: Ein Hybrid-Modell
ist m.M. die Zukunft.

> Ich zum Beispiel vermisse sehr, dass man
> unterschiedlichste Datenformate nicht in Programmen wie z.B. Okular
> (auch hier gute Ansätze) gemeinsam und in vielfältigster Präsentation
> (in Dolphin zu wenige Ansichten) darstellen kann. Ich denke da z.B.
> an eine Darstellung der Dateien in voller Fenstergröße, die man
> nacheinander und inklusive Unterordnern wie in einem physischen
> Aktenordner durchbllättern kann.

Gwenview kann das. Aber eben nur für Bilder.

> Natürlich müssen die
> Leistungsmerkmale, die digitale Ordner den physischen überlegen
> machen, implementiert sein. Wenn man das zur Reife gebracht hat,
> braucht es Programme, wie Okular und Dolphin vielleicht nicht mehr,
> weil das der Desktop an sich schon alles beherrscht.

KDE hat dafür eigentlich das modulare Parts-System. Konqueror wollte
genau das werden - hat (leider?) auch nie funktioniert. Dolphin wurde
der Nachfolger. Konqueror wird nicht weiterentwickelt, soweit ich weiß.
War also quasi alles schon da. Aber war es schlecht umgesetzt oder
funktioniert das in der Praxis einfach nicht?

Ich denke, die Programme müssen sich spezialisieren: Ein Dateimanager
muss ein guter Dateimanager sein - und eben nur das. Ein Startmenü ein
gutes Startmenü (und kein "ich zeig dir noch 1000 andere tolle Dinge
an, die du hier wahrscheinlich nie brauchst"), ein Launcher ein guter
Launcher, und eine Suche eine gute Suche. Die Kunst ist nun, das
miteinander zu integrieren.

> >> P1) Edit Where You Get It (EWYGI):
> >> ---------------------------------
> >> Man sollte alle Dinge bzw. Zustände oder Einstellungen von Objekten
> >> grundsätzlich da ändern können, wo man sie angezeigt bekommt.
> >> Beispiele:
> >> a) Änderung des Dateinamens, z.B. im Dolphin (gibt es schon)
> >> b) Änderung von Dateirechten (gibt es nicht oder kenne ich nicht;
> >>      hierzu will ich keinen extra Dialog)  
> >
> > Grundsätzlich eine nette Idee, aber es muss so umgesetzt sein, dass
> > Einsteiger nicht aus Versehen diese Dinge modifizieren - denen ist
> > häufig gar nicht bewusst, was sie da ändern.  
> 
> ACK. Muss man selbstverständlich abschalten können, oder mit 
> abschaltbaren Warnungen versehen.

Alles, was nicht intuitiv einleuchtet, sollte eine einmalige "Was ist
das?" Vorschaltseite bekommen - entsprechend gut präsentiert. So
wie bei den Google-Android-Apps z.B. neue Funktionen präsentiert
werden. Alles was bei unbedarfter Bedienung "gefährlich" sein kann,
braucht die besagte Warnung - und sollte optimalerweise auch aus dem
direkten Sichtfeld ausgeblendet sein.

> > Wobei ich jetzt spontan
> > nicht wüsste, warum man Dateirechte in-place editieren
> > möchte... ;-)  
> 
> Habe ich immer wieder, z.B. wenn ich einzelne Datei schnell einem 
> anderen Benutzer zugänglich machen möchte. Klar: ein chmod in einem 
> Terminal tuts auch (bin auch ein Freund der Kommandozeile), aber 
> schneller ginge es, wenn ich bei einer Datei mal schnell die ACL
> ändern (hier nerven mich die modalen Dialoge), oder nur das Leserecht
> für "alle anderen" hinzufügen könnte. Cool wäre es, wenn ich in ein
> kleines Feld eine Zeit in Minuten eintragen könnte, bis die Änderung
> automatisch wieder zurückgenommen wird. Dann kann man das getrost
> vergessen.

Das klingt total nach Overkill, ist aber eine coole Idee. Ich mag das.

> > Ich lege mir da lieber Ordner an, die bestimmte
> > Sharing-Eigenschaften haben und nutze dann Sticky-Bits.  
> 
> Viele Wege führen nach Rom -- gut, dass es die Römer gab ;-)
> 
> >> P2) Need Not Know a File's Location (or any object's location)
> >> --------------------------------------------------------------
> >> [weiter oben im Thread nachzulesen]  
> >
> > Ich glaube, der Ansatz ist verkehrt herum. Dateien sollten aus einem
> > Dateimanager heraus geöffnet werden, nicht aus den Anwendungen
> > heraus.  
> 
> Das geht ja auch, aber was, wenn ich gerade ein bildschirmfüllendes 
> LO-Fenster offen habe und eine weitere ODF-Datei laden will? Dann
> möchte ich nicht erst nach einem Dolphin o.a. DM suchen und dort erst
> einmal das Verzeichnis wechseln müssen.

Da sollte einfach ein reduzierter Dolphin im richten Ordner öffnen...
Das muss eine Schnittstelle des DE werden, Programme sollten keine
eigenen Dateidialoge mitbringen. Dann passt das wieder.

> Außerdem muss ich dann als
> Benutzer den Ort wissen. Das will ich beim produktiven Arbeiten auch
> nicht mehr.

Die Suche (Alt+F2) könnte Ergebnisse passend zum aktiven Programm
zuerst präsentieren... Ein guter Editor (z.B. Sublime) integriert
längst solche wirklich genial funktionierenden Suchtools. Warum sollte
nicht auch das eine Schnittstelle des DE werden?

> Deswegen die Middleware.

Das wäre dann deine Middleware. ;-)

> Dann könnte ich Dateien so
> benennen, wie es am besten z.B. zu einem Projekt passt. Und ich
> könnte sie, aus welchem Programm auch immer, mit diesem Namen, der
> _nicht_ die Dateinamenskonventionen des Dateisystems erfüllen muss,
> öffnen. Dateien könnten dann in verschiedenen Umfeldern (Projekte
> o.ä.) verschiedene Namen tragen. Klar geht das im Prinzip mit den
> symbolischen und den harten Links auch heute schon, aber das wird im
> Anwendungsbereich nur unbefriedigend abgebildet -- das wäre dann
> 'nur' noch zu tun, denn die grundlegenden Konzepte stellt Linux
> meistens schon zur Verfügung.

Es gibt Ordner, da möchte ich inzwischen sowieso niemals mehr direkt
mit Dateinamen zu tun haben. Da brauche ich einfach nur Ansichten
anhand von Meta-Daten. Beispiel: Musik-Ordner (ist in der heutigen Zeit
mit Spotify und Co natürlich eher oldschool), oder Foto-Ordner...
Optimalerweise möchte ich da nicht mal Ordner anlegen - außer eben
eventuell für Sammlungen. Aber dies macht ein Mehrfach-Erscheinen in
mehreren Ordnern unmöglich. Symlinks? Funktionieren nicht, außer alles
kommt aus einem unsortierten Pool, und Sammlungen bestehen
ausschließlich aus Symlinks. Hat man aber schnell ein Problem mit stale
symlinks. Hardlinks? Funktionieren nicht: Ändere eine Datei, und die
anderen divergieren, da Änderungen üblicherweise per Create&Replace
umgesetzt werden. Als einzige Lösung sehe ich Tagging: Per xattr könnte
man die Zugehörigkeit einer Datei in eine oder mehrere Sammlungen
markieren. Dann braucht es noch einen Wächter, wie Baloo, der das per
Suchquery auswerten und präsentieren kann. Klassische Ordner
funktionieren hierfür nicht.

> > Der Dateimanager kann dann auch nachverfolgen, was wohin verschoben
> > wurde und merkt sich die Historie pro Anwendung.  
> 
> Das wäre technisch unklug, weil ich dann als Anwender immer an diesen 
> einen Dateimanager gebunden wäre.

"Dateimanager" meint hier eigentlich auch die unsichtbare Schicht unter
der Präsentation. Wenn du Dolphin nutzt, nutzt du im Hintergrund KIO:
Der eigentliche Dateimanager.

> Auch deshalb die für den Anwender 
> unsichtbare Middleware, die als Dämon im Hintergrund läuft.

Deine Middleware existiert bereits und ist nicht ein Ding, sondern ein
Verbund aus mehreren Komponenten: Baloo, KIO, Nepomuk. Software, die
darauf aufsetzt, kann es verschiedentlich präsentieren.

> Übrigens 
> gibt es auch hier -- schon wieder mal von Linux, wie könnte es anders 
> sein (hier der Kernel) -- schon ein Konzept, nämlich den 
> inotify-Mechanismus (bzw. heute fanotify, das aber auch mangelhaft
> ist, wenn es stimmt, dass es nicht über Löschungen und Umbenennungen
> von Dateien informiert, s. https://de.wikipedia.org/wiki/Fanotify).
> Damit müsste weder die Middleware noch eine Anwendung selber
> Änderungen auf Dateisystemebene überprüfen.

Wird bereits von Baloo genutzt. Man sollte in sysctl allerdings die
Default-Limits für den Desktop-Betrieb deutlich hochsetzen. Aus
Performance-Gründen darf man außerdem nicht 100 Services auf
Inotify-Events ansetzen.

> > Das Protokoll hier
> > sollte nur sein, dass Anwendung und Dateimanager auf die gleiche
> > Historie zugreifen - der Dateimanager kann die umschreiben beim
> > Verschieben. Die gemeinsame Historie funktioniert ja größtenteils
> > auch schon ganz gut - jedenfalls mit KDE-Programmen.  
> 
> Das verstehe ich nicht, kannst du das mal an einem Beispiel erläutern?

Naja, ich hoffe das wird mit obigen Ausführungen bereits klarer.

> > KDE/Dolphin können das
> > recht gut, ist aber noch weit weg von perfekt. Die Aktivitäten
> > scheinen auch so etwas wie eine Datei-Historie zu beherrschen, wie
> > ich sie oben angesprochen habe.  
> 
> ACK, aber alles ist er in kleinen Ansätzen gedacht.

Ich habe nie irgendwo eine gute und aktuelle Doku gefunden, die
gleichzeitig nicht nur aus Textwüste besteht, in der beschrieben ist,
warum/wieso/weshalb, wo man hin will, was das große Ziel und Konzept
dahinter ist... Und wie man es wann sinnvoll nutzt. Als ob sich keiner
was dabei denkt und man nur Dinge hinzufügt, weil es cool ist. Und
irgendwann hat man wieder einen großen Knoten und wirft alles weg.

> > Ordner sind eigentlich nur für Archivierungszwecke interessant oder
> > zum Entscheiden, was in der Cloud liegt (Sync-Ordner), was ich
> > lokal in ein Backup speichere, was ich mit git verwalte, ... Eher
> > in die Richtung. Inhalte aber sollte die Suche finden, nicht meine
> > Ordnerstruktur.  
> 
> Ich würde deshalb die Ordner in "Sammlung" umbenennen, denn die
> sollte eben nicht vordringlich an einer Ordnerstruktur orientiert
> sein, sondern an dem Zweck, zu dem sie angelegt wurde. Eigentlich ist
> aber egal, wie man das Ding nennt.

Nein, Sammlungen sind keine Ornder (siehe oben). Ordner sind nur der
physikalische Lagerort und können daher nur über das physikalische
Schicksal und Handling der Dateien entscheiden. Alles andere ist
Aufgabe der Präsentationsschicht.

> > Die Ordnerstruktur gäbe dann auch bestimmte Verhalten
> > vor: Cloud-Ordner werden synchronisiert, Archiv-Ordner in der
> > normalen Suche nicht berücksichtigt (außer ich suche explizit dort
> > und mache ein Häkchen "archivierte Inhalte suchen") und so weiter,
> > der Dateimanager könnte pro Ordner-Hierarchie auch andere Ansichten
> > verwenden. Das geht zwar alles irgendwie schon, aber ist eher
> > rudimentär umgesetzt oder umständlich zu verwenden.  
> 
> Wir verstehen uns vollkommen :-)

In dieser Hinsicht ja. :-)

> > In einem Dateimanager sucht man ja dann doch
> > eher visuell nach Dateien, indem z.B. Vorschaubilder erzeugt werden,
> > oder eine Art Zeitstrahl-Ansicht, oder farbige Tags (sehe ich häufig
> > bei MacOS-Usern).  
> 
> So ist es!!!
> Dass man sich Verzeichnishierarchien merken muss ist für die meisten 
> Menschen eine ungute Belastung. Dass ich das einigermaßen kann, liegt
> an meiner Ausbildung, und vielleicht auch daran, dass mein Hirn so 
> gestrickt ist. Ich kenne aber einige Menschen (keine Ingenieure oder 
> Naturwissenschaftler), die das echt nicht können. Die fragen mich
> immer wieder, wo diese oder jene Datei denn sei, obwohl ich eine
> schöne, logische Verzeichnisstrukur angelegt habe.

Das kann ich bestätigen.

> Diese Leute geben
> auch keine Web-Adresse manuell ein, sondern suchen mit Google und
> klicken dann.

Die geben sogar "www.irgendwas.example.com" in die Google-Suche ein.
Und die müssen vor einer Fernwartung auch immer erstmal alle Fenster
schließen - vor allem die mit der Fernwartung. *argh*

Also: Ich weiß, was du meinst. ;-)

> Denen möchte ich aber nicht sagen, sie müssten das eben
> lernen, weil es die Software-Entwickler nicht anders gemacht haben.

Die reden nach so einer Aussage auch nicht gut über dich - glaub
mir. ;-)

> Software und generell Technik soll man an die Menschen anpassen,
> nicht umgekehrt, obwohl der Mensch unglaublich anpassungsfähig ist.

Full ACK.

> >> Ich weiß nicht, ob man Akonadi in die Richtung ausbauen könnte.
> >> Ich finde aber, dass in KDE viele sehr gute Ansätze stecken, die
> >> nur nicht fertig ausentwickelt sind. Insofern braucht man nicht
> >> gleich neue Pradigmen (zur Abgrenzung gegen andere Systeme im
> >> Wettbewerb schon), sondern man könnte Vieles konsequenter
> >> ausentwickeln anstatt sich immer neuen Designs, experimentellen
> >> Features und der Portierung zu widmen. Das kostet zu viel der
> >> wertvollen Entwicklungsressourcen. Aber ich verstehe natürlich,
> >> dass immer wieder was Neues einfach mehr Spaß macht, geht mir ja
> >> auch so :-)  Aber dann bitte nicht an der Oberfläche bleiben,
> >> sondern in die Tiefe gehen mit der Entwicklung.  

Ich weiß: Sobald ich grob was programmiert habe und es an die
Feinarbeiten geht, geht meine Motivation auch schnell nach unten. Weil
das ist dann meist vor allem eine Metapher für das berühmte Kleinvieh.

> >
> > Ich denke, es soll in die Richtung ausgebaut werden im Zusammenspiel
> > mit Aktivitäten.  
> 
> Das klingt gut, ich meine, das sollte man wirklich machen.
> 
> Ich habe vor ein paar Monaten unter 
> http://www.heise.de/ix/meldung/KDE-Community-Visionen-fuer-eine-bessere-Welt-3162923.html
> gelesen, dass man in einem Wiki zu der auf die Vision folgenden
> Mission beitragen können soll. Leider erreicht man den angegebenen
> Link aktuell nicht. Vielleicht ist die Beitragsphase zur Mission auch
> schon abgeschlossen.
> 
> https://dot.kde.org/2016/04/05/kde-presents-its-vision-future
> ist auch nicht mehr erreichbar.

Du solltest dein Internet mal technisch checken. Läuft hier einwandfrei.

Ich mache mich mal ans Lesen. Soll heißen: Danke für die Links.


-- 
Regards,
Kai

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